Dschungelcamp

Unser diesjähriges Sommerlager hatte das Thema “Dschungelcamp”. Zugegebenermaßen, mit Schuld daran war, das zum Zeitpunkt der Auswahl grad die zehnte Staffel von “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!” im Fernsehen lief. Über 7 Millionen Zuschauer verfolgen die Sendung. Gelegentlich schalte ich auch mal rein und schau mir an, was so macher ‘Promi’ im Dschungel treibt.

Fazination Dschungelcamp

Überrascht, dass ich so was schaue? Ehrlicherweise, hab ich es 2015 und 2016 gar nicht mehr schafft, mal reinzuschauen, da ich ‘Wichtigeres’ um die Ohren hatte. Aber ja, vielleicht war es auch für mich immer etwas, wo manchmal auch der schlaue Kopf, etwas Trash für den Leerlauf suchte.

Trotzdem gibt es für ihn einiges zum Interpretieren: Mich faszinieren in der Sendung vor allem immer die Persönlichkeiten und die sozialen Gefüge. Sowie die Gruppendynamiken und -harmonien. Sie schaffen es, manche Staffel so langweilig machen, dass selbst die RTL-Produktion nichts retten kann, und manchmal gelingt es, dass durch bewusstes Anheizen fesselnde Momente entstehen. Auch interessant, wie die Zuschauer reagieren, wenn manches auch für Trash moralisch nicht mehr vertretbar ist. Am Ende ist es auch immer beieindruckend, wie viele Leute in meinem Umkreis darüber sprechen und sich austauschen. RTL versteht es ein Unterhaltungsformat zu schaffen, dass die ganze Nation beschäftigt.

Auch Promis sind Menschen

In der Sendung erhält man auch einen Einblick in die Lebenssituation und Gefühlswelt der gescheiterten Promis; sie werden menschlich. 2013 wurde  Joey Heindle Dschungelkönig. Als er im Camp erzählt, dass seine vielen Narben Folge der Gewalt durch seinem Vater sind, holt er uns auf den Boden der Tatsachen. Alkohol, Drogen und Selbstmord waren mögliche Auswege für den damals 14-Jährigen, erzählt er weiter. Umso mehr bin ich fasziniert, wie gefasst er davon erzählen kann. Ich kann kaum glauben, wie dankbar er für sein jetziges Leben ist, in dem er keineswegs sorgenfrei unterwegs ist.

Im Lauf der Sendung erweist er sich manchmal auch als nicht das hellste Köpfchen. Nicht immer bin ich mir sicher, ob er weiß, was er tut, und so manches was er sagt, verwirrt schon sehr. So wird der junge Mann von den anderen Bewohnern immer wieder herzlich belächelt, wenn er manche Aussage trifft. Bei einigen davon war es mir aber nicht immer möglich mitzulächeln. Ja, manches hatte er schon sehr vereinfacht oder nicht wirklich gut ausgedrückt. Aber die Grundgedanken, die er verfolgte, sogar mit manchen christlichen Bezügen, die waren gar nicht so falsch. Ich hätte oft gern mehr dazu gehört. Schade, dass dies dann doch nicht zu so einer Sendung gehört. Schade, dass ich nie die Gelegenheit hatte, die Gedankenwelt dieses Jungen, der im gleiche Landkreis wie ich lebte, genauer zu erforschen.

Gesellschaftsdschungel

Man muss gar nichts ins Dschungelcamp um solche Personen zu finden. Wir alle sind Teil von Gesellschaften und Gruppen, die uns Vorgaben machen, bewusst und unterbewusst. Und manchmal ist es sau schwierig darin Orientierung zu finden und Annahme zu erfahren. Im “Dschungel Gesellschaft” sind wir gar nicht so weit weg vom Dschungelcamp. Uns umgibt soviel, das uns mitteilt, wie alles hier funktioniert. Tadel, Ausgrenzung, Ablehnung oder Lob und Ermutigungen erkennen wir sofort als Mittel dafür, oft passiert es eher passiv: Reaktionen, fehlendes Feedback, Meinungsäußerungen, Vergleiche und Rollenbilder verfolgen uns nachhaltig in der Entwicklung unserer Persönlichkeit.

Ein kleines Beispiel: Als ich mit 18 Jahren einmal selbstbewusst einen Cocktail aussuchte, hinterfragte eine meiner Begleitungen diese Wahl sofort. Sie fragte, ob der nicht zu süß und fruchtig und damit eher für Frauen sei. Am Ende bewegte mich das einen anderen zu wählen. Bis zum heutigen Tage verfolgt mich das immer wieder bei der Auswahl von Cocktails, auch wenn ich eigentlich weiß, dass das meine Entscheidung sein darf.

Persönlich bin ich jemand, der nicht auffalen will. Aber manchmal will ich so sein, wie der, der auffällt. Überraschung: Das funktioniert beides irgendwie nicht.
Oft suche ich Orientierung in meiner Umwelt, finde sie oft. Manchmal finde ich mich dennoch nicht zurecht, fühle mich verloren.
Mehrmals stehe ich vor Situationen, bei denen ich nicht weiß, was ich tun soll oder wie ich da hin geraten bin. Manches ist super-komplex, maches scheint sinnfrei.

Andere Verlorene

An dem Tag als ich eigentlich diese Andacht vorbereiten sollte, hatte ich null Bock irgendwas zu tun. An solchen Tagen wälze ich mich faul rum. Wenn mir aber auch das zu langweilig ist, mach ich mich auf ins Internet auf eine Website, die zufällig Chats mit anderen Personen herstellt. Neben viel Weiterklicken find ich auch einige gute Gesprächspartner. Keiner war wie der andere und viele gut, aber einer ging mit noch länger durch den Kopf. Nennen wir ihn im Folgenden mal Daniel.

Daniel, 17, wohnt in Australien. Hat aber, so weit ich es verstanden habe, einen Migrationshintergrund aus Mazedonien. Auffällig ist, dass er alles an sich selbst nicht wirklich mag, sein Aussehen, seine Stimme, seinen Musikgeschmack, sogar sein Lächeln. Trotzdem führen wir eine amüsante, gute Unterhaltung. Daniel muss viel lachen, wozu er oft seinen Kopf beschämt in seinem Kissen versenkt. Er tadelte mich dafür, dass ich es beleidigt hätte, und wir erlaubten uns andere lustige Sinnlosigkeiten. Im späteren Verlauf lerne ich noch, dass er schwul ist. Geoutet ist er aber nicht. Er fürchtet Ausgrenzung, da in seinem Ort sehr viele konserverative arabische und osteuropäische Familien ansässig sind. Auch so manche andere Ansichten und Meinungen, wie das er mit Putin, den dort alle mögen, gar nicht klar kommt, teilt er wohl nicht mit seinem Umfeld.

Am Ende sehe ich einen jungen, aufgeweckten Jungen, der so einzigartig ist. Aber er kann so vieles davon nicht ausleben. Jemand, der vielleicht niemanden hat, über alles zu reden.

Nicht verstanden werden

Es ist für mich wohl schwer, sich in seine Lage zu verstetzen, aber irgendwie kann ich mitfühlen, etwas verstehe ich ihn. Und dann an anderer Stelle doch wieder nicht. :/

Auch ich bin oft selbst so macher doofen Situationen ausgesetzt. Ich weiß nicht, wie ich mit bestimmten Dingen umgehen soll. Ich fühle mich mit meinen Gedanken alleine oder stecke in einer Art Pattsituationen in dieser komplexen Welt. Wenn ich meinen Standpunkt vertrete oder Aussagen tätige, fühle ich mich falsch verstanden. Manchmal lieber nichts sagen, als das Falsche sagen? Ist es überhaupt falsch, denke ich Unsinn? Wie finde ich es heraus, ohne es anzusprechen? Ich merke, irgendwie schränkt mich das in meiner Freiheit ein, irgendwie fühle ich mich manchmal falsch in dieser Welt.

Es hat lange gedauert, aber ich habe es inzwischen geschafft, Freunde zu finden, denen ich mich anvertrauen kann. Ich kann ihnen viel dieser Gedanken erzählen; sie helfen, sie zu sortieren. Ich bin so dankbar dafür und ich wüsste nicht wo ich ohne sie wäre. Aber leider sind auch sie nicht immer da, bzw. es gibt Themen, die ich nicht mit Ihnen besprechen will oder kann. Manchmal fehlen mir Worte um Gedanken und Gefühle auszurücken. Gelegentlich ist es trotzdem einfach das falsche Umfeld. Für manche Gedanken wäre viel mehr zu erklären, wo oft die Zeit nicht reicht. Bestimmtes verstehen sie auch einfach nicht.

Gott hat diese Welt erlebt

Aber es gibt da einen, der versteht mich in jeder Lage. Das einzigartige an unserem Gott ist sogar, dass er das hier alles durchgemacht hat. Er kam auf die Welt, um sie hautnah zu erleben, in Gestalt eines Menschen; körperlich und mit allem Emotionen. Gott weiß, was ich durchmache. Er sieht die Gesamtsituation und er versteht Gedanken, die ich nicht verstehe. Jesus ist auch nicht einfach gegangen, sondern ließ uns den heiligen Geist, bis wir es komplett zu ihm schaffen. Ob im Dschungelcamp, im Urlaub oder lustlos im Bett, er ist immer da. Wenn ich grad super gut unterwegs bin, wie auch wenn ich grad mal ganz große Scheiße gebaut habe.

Seine Liebe endet nie

Warum tut er das? Weil er uns unendlich liebt. Er will nicht ohne uns, jemanden aufgeben ist für ihn keine Option. Weil er wusste, dass wir in dieser Welt mal versagen werden, hat er schon lange für uns alle Schuld getilgt. Jedes mal wenn wir von ihm weglaufen, empfängt er uns zurück mit offenen Armen. Wenn wir verbittert, verängstigt oder verloren sind, hilft er mit seine Liebe darüber hinweg. Er will nur das Beste für uns.

Im Lied “Your Love Never Fails” kommt das wunderbar zum Ausdruck. Nichts kann mich von dieser Liebe trennen. Auch wenn ich immer wieder Fehler mache, hat er Gnade für mich. Wenn ich in dieser Welt untergehe, wenn sich alles ändert, eins bleibt immer da: Gott und seine Liebe.